Digitalisierung in der stationären Pflege
Diese Seite bündelt zentrale Begriffe und Zusammenhänge der digitalen Transformation in stationären Pflegeeinrichtungen. Sie zeigt, wie Entbürokratisierung, Prozessintegration und digitale Systeme zusammenwirken, um Overhead zu senken und Pflegezeit zurückzugewinnen.
„Digitalisierung in der Pflege ist kein technisches Projekt – sie ist eine strukturelle Reform.“
Verwaltungskosten / Overhead
Verwaltungskosten (oder Overhead) bezeichnen den Anteil der Gesamtausgaben, der für Organisation, Leitung, Abrechnung, Dokumentation und interne Koordination aufgewendet wird. In stationären Pflegeeinrichtungen liegt dieser Anteil laut aktuellen Branchenberichten zwischen 18 % und 26 % der Gesamtkosten. ↗ Curacon Altenhilfebarometer 2025 ↗ Solidaris Betriebsvergleich 2023/24
Dieser Anteil wächst nicht durch Ineffizienz, sondern durch steigende Prüfdichte und Regulierungsanforderungen: Qualitätsnachweise, Pflegesatzverhandlungen, Datenschutz, Personalstatistiken, MD-Prüfungen. Gleichzeitig sind Verwaltungsleistungen nicht separat refinanziert, was die Investition in Effizienz verhindert.
Digitalisierung kann diesen Overhead nur dann senken, wenn sie Prozesse vereinheitlicht, integriert und automatisiert. Beispiele sind digitale Übergaben, automatisierte MD-Exports oder KI-gestützte Doku-Module.
„Overhead verschwindet nicht durch Sparen, sondern durch Integration.“
Pflegedokumentation
Pflegedokumentation ist der Kern administrativer Arbeit in stationären Einrichtungen. Sie dient als Nachweis der erbrachten Leistungen, Grundlage der Abrechnung und als Instrument der Qualitätssicherung.
Laut BMG-Bericht zur Entbürokratisierung (2023) liegt der Dokumentationsanteil in der Pflege bei 20–25 % der Arbeitszeit – rund 90 Minuten pro Schicht. ↗ BMG Entbürokratisierung 2023
Die Charité-DFKI-Pilotstudie 2025 belegt, dass KI-gestützte Sprachassistenz die Dokumentationszeit um 27 % senken und die Fehlerquote um 15 % reduzieren kann – bei gleichbleibender Qualität. ↗ Charité-DFKI-Pilotstudie 2025
Diese Ergebnisse zeigen, dass technologische Entlastung möglich ist, wenn Dokumentation prozessnah digitalisiert und nicht als Zusatzaufgabe verstanden wird.
„Digitalisierung entlastet nur dann, wenn sie stattfindet – nicht zusätzlich.“
SIS-Modell (Strukturierte Informationssammlung)
Das SIS-Modell wurde entwickelt, um Pflegedokumentation zu vereinfachen und sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Es strukturiert Informationen entlang der sechs pflegerelevanten Themenfelder (kognitive Fähigkeiten, Mobilität, Krankheiten etc.) und ersetzt umfangreiche Formularsysteme durch fachliche Kurzbeurteilungen.
Laut Evaluation des MD Bund (2024) ist das SIS-Modell in über 50 % der stationären Einrichtungen implementiert. ↗ MD Bund SIS-Bericht 2024
Einrichtungen berichten von bis zu 30 % weniger Dokumentationszeit, höherer Nachvollziehbarkeit und besserer Prüffähigkeit. Damit gilt SIS als methodische Voraussetzung erfolgreicher Digitalisierung: Nur wer die Papierlogik vereinfacht, kann sie sinnvoll digitalisieren.
„SIS ist kein Dokument, sondern ein Denken in Struktur statt Fülle.“
Prozessdigitalisierung
Prozessdigitalisierung meint die Übertragung und Optimierung ganzer Abläufe in digitale Systeme – nicht nur einzelner Arbeitsschritte. Sie umfasst Pflegedokumentation, Dienstplanung, Qualitätsmanagement, Abrechnung und Kommunikation.
Das IEGUS-Institut (2024) weist nach, dass fehlende Schnittstellen zwischen diesen Bereichen bis zu 15 % Mehraufwand verursachen. ↗ IEGUS 2024 – Vergütungsverhandlungen ambulanter Dienste
Integrierte Systeme – etwa Connext Vivendi NG, easySoft Care oder MHP Solution Care – ermöglichen durch API- und Datenbankkopplung spürbare Entlastung. Solidaris (2024) dokumentiert eine Reduktion der Verwaltungskosten um rund 8 % bei digital vernetzten Einrichtungen. ↗ Solidaris Betriebsvergleich 2023/24
„Prozessdigitalisierung ist kein IT-Projekt, sondern die Neuordnung von Verantwortung.“
Entbürokratisierung
Entbürokratisierung beschreibt den gezielten Abbau von Formalitäten, Doppelstrukturen und redundanten Nachweispflichten. Sie ist der konzeptionelle Ausgangspunkt jeder erfolgreichen Digitalisierung.
Die Friedrich-Ebert-Stiftung (2025) hebt hervor, dass Technik allein keine Entlastung erzeugt: Schulung, Beteiligung und Akzeptanz sind entscheidend. ↗ Friedrich-Ebert-Stiftung Policy Review 2025
In der Praxis bedeutet Entbürokratisierung:
- Vereinfachung von Formularen und Prüfprozessen
- klare Verantwortlichkeiten für Dateneingaben
- Vermeidung redundanter Erfassungen
- einheitliche Begriffsdefinitionen
Diese Schritte reduzieren Reibung, schaffen Vertrauen und sind Voraussetzung, um digitale Systeme sinnvoll zu betreiben.
„Entbürokratisierung ist die Kunst, weniger zu wollen – und mehr zu erreichen.“
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Digitalisierung in Pflegeeinrichtungen – weniger Overhead, mehr Zeit am Menschen
Warum 20 % der Kosten in Verwaltung fließen und wie Digitalisierung diesen Anteil senken kann.
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